Es gibt zwei Mythen über Coaching, die mich jedes Mal schmunzeln lassen – oder auch mal die Augen rollen. Der erste: „Ein Coach sagt dir, was du tun sollst.“ Der zweite: „Coaching kann jeder.“ Also lass uns darüber reden und Coaching-Mythen entlarven, warum das nicht nur weit daneben liegt, sondern auch noch richtig spannend ist, wenn man die Wahrheit kennt.
Mythos Nr. 1: „Sag mir einfach, was ich tun soll!“
Vor einiger Zeit saß ich mit einem Klienten in einer Coaching-Sitzung. Wir hatten gerade die ersten 20 Minuten darüber gesprochen, wo er sich festgefahren fühlte – und er war wirklich frustriert. Dann kam dieser Moment, den ich fast schon erwarte: Er beugt sich vor, schaut mich an und sagt: „Thomas, sag mir doch einfach, was ich tun soll. Du weißt doch bestimmt, wie man das löst!“
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Es war nicht das erste Mal, dass ich diesen Satz gehört hatte, und es wird auch nicht das letzte Mal gewesen sein. „Stell dir vor,“ sage ich, „du stehst vor einem riesigen Puzzle. Ich könnte dir jetzt die Ecke zeigen, wo du anfangen sollst. Aber wenn ich dir das ganze Bild gebe, was lernst du dann?“
Er schaut mich kurz irritiert an. Klar, das klingt erstmal gut, dass ich ihm die Antworten servieren könnte. Aber so funktioniert Coaching eben nicht. Ich erzähle ihm von einem früheren Klienten, der ähnliche Erwartungen hatte. „Der wollte genau wie du die schnelle Lösung. Und am Ende, weißt du, was passiert ist? Er hat gemerkt, dass die Lösungen, die ich ihm hätte geben können, nicht seine eigenen waren. Sie haben nicht funktioniert, weil er sie nicht selbst gefunden hat.“
Coaching ist kein Ikea-Regal mit Anleitung. Du bekommst von mir keine Schritt-für-Schritt-Anweisungen, sondern wir arbeiten daran, dass du deinen eigenen Weg erkennst. Das Puzzle löst du. Ich bin nur der, der dich dazu bringt, neue Blickwinkel einzunehmen – und manchmal eben das Stück findest, das du vorher übersehen hast.
Mythos Nr. 2: „Coaching? Das kann doch jeder!“
Und dann gibt es diesen zweiten Mythos. Den, der mich schon fast zum Lachen bringt: „Coaching? Das kann doch jeder!“ Wirklich? Letztens bei einem Workshop stellte sich jemand vor, der meinte: „Ich habe das Coaching-Ding auch mal probiert. Ich habe so viel Ratschläge auf YouTube gehört, ich könnte locker selbst Coach sein!“
Oh Junge. Da musste ich tief durchatmen. Was derjenige nicht wusste: Coaching hat so viel mit Verantwortung zu tun. Man nimmt das Leben eines anderen Menschen in die Hand – und glaubt mir, das ist nicht so einfach, wie es auf Instagram aussieht.
Ich erzähle immer gern von einer Begebenheit aus meiner Anfangszeit als Coach. Ein Kollege hatte einen Klienten, der richtig in der Krise steckte. Der Kollege dachte, es wäre eine gute Idee, einfach ein paar „Motivationssprüche“ rauszuhauen. Aber weißt du was? Das hat den Klienten nur noch mehr verunsichert, weil die „Weisheiten“ einfach nicht auf seine Situation gepasst haben. Am Ende hat das mehr Schaden angerichtet als geholfen.
Ein guter Coach muss wissen, wann er zuhört, wann er fragt und wann er einfach mal die Klappe hält. Es ist nicht damit getan, ein paar Lebensweisheiten von sich zu geben und dann zu hoffen, dass alles gut wird. Coaching ist wie das Navigieren durch ein unbekanntes Gelände – du brauchst die richtigen Tools, Erfahrung und manchmal auch einfach den Mut, eine schwierige Frage zu stellen.
Fazit: Coaching ist kein Ratgeber und kein Hobby
Am Ende des Tages ist Coaching eben nicht dieses schnelle „Ich gebe dir mal eben die Antwort und du machst das dann.“ Es ist Arbeit. Es ist Reflexion. Es ist der Prozess, dir den Spiegel hinzuhalten, sodass du selbst erkennst, was du wirklich brauchst – und was nicht.
Also, wenn du das nächste Mal denkst, Coaching sei wie ein Ikea-Regal mit klarer Anleitung, oder jeder könne es aus dem Stegreif machen – denk an diese Geschichten. Coaching ist Handwerk, keine Glückskeks-Weisheit. Wenn du jemanden willst, der dich wirklich auf deinem Weg begleitet, dann weißt du ja, wo du mich findest.